Ja, seinerzeit war der Solidaritätszuschlag (Soli) sinnvoll. Seit 1995 dient er dazu, die Kosten der deutschen Einheit zu finanzieren. Im nächsten Jahr wird der „Solidarpakt Ost“ auslaufen und ich bin der Meinung, dass eine solche finanzielle Sonderbelastung der Bürger und Unternehmen nicht länger begründbar ist. Warum?
Es ist nicht nachvollziehbar, warum in Zeiten höchster Steuereinnahmen der Bedarf für eine ursprünglich zweckgebundene Sonderabgabe besteht. Im Jahr 2021 würde der Bund nach jetziger Schätzung selbst bei der geplanten Teilabschmelzung des Soli noch 346,8 Milliarden Euro an Steuern einnehmen. Das sind 25,5 Milliarden Euro mehr als für 2018 prognostiziert. Wenn man den Soli ab 2021 vollständig abschaffen würde, würde der Bund in drei Jahren immer noch rund 13 Milliarden mehr an Steuern einnehmen als in diesem Jahr - das hat die MIT (Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU) ausgerechnet.
Im internationalen Vergleich ist Deutschland ein Hochsteuerland, worunter insbesondere Menschen mit mittleren Einkommen und mittelständische Unternehmen zu leiden haben. Ein Wegfall des Soli könnte diesen Wettbewerbsnachteil – der durch Unternehmensteuer-Entlastungen in anderen Ländern, wie beispielsweise den USA, derzeit noch verstärkt wird – abmildern.
Und: Der Großteil der durch den Soli erzielten Einnahmen wurde in den letzten Jahren nicht für Zwecke des „Aufbaus Ost“ genutzt, sondern ist schlicht im Rahmen des regulären Haushalts für die immer stärker aus dem Ruder laufenden Sozialausgaben verwendet worden.
Daher plädiere ich für eine schnellstmögliche Abschaffung des Solidaritätszuschlags. In jedem Fall unterstütze ich die schrittweise Abschaffung, wie im Koalitionsvertrag mit der SPD im Rahmen der GroKo vereinbart (Seite 12-13).
Nun hat die Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock gefordert, den Solidaritätszuschlag beizubehalten. In einem Interview der Funke Mediengruppe sagte sie, der Beitrag könne zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem Land verwendet werden. Dabei behauptete sie, dass in vielen ländlichen Regionen weder Bus noch Bahn fahren würden und es weder Kindertagesstätten noch noch Hebammen gäbe. Und um dem Ganzen noch die Krone auszusetzen, wurde das Märchen erzählt, dass von einer Abschaffung des Soli insbesondere Menschen mit höherem Einkommen profitieren würden, Geringverdiener hätten das Nachsehen.
Mit Verlaub: Das stimmt vorne und hinten nicht. Erstens: Die Vereinbarung der Großen Koalition entlastet 90% aller Zahler. Da wird von Frau Baerbock Sozialneid geschürt.
Zweitens: Die Grünen-Chefin interessiert sich offenbar nicht für den ursprünglichen Zweck der Sonder-Steuer, sondern will das Geld der hart arbeitenden Menschen und mittelständischen Unternehmer, die Jobs schaffen, einfach für andere Zwecke verwenden. Das war so zwischen Politik und Steuerzahler nicht vereinbart und würde einem Vertrags- sowie Vertrauensbruch gleichen. Denn auf dem Land lebt die Mehrheit der Menschen, die den Solidaritätszuschlag überhaupt erst möglich machen und ihn finanzieren.
Drittens: Die Grünen-Chefin hat offenbar nicht viel Ahnung von ländlichen Räumen. Sie redet pauschal die Leistungen vieler Landkreise schlecht und strebt im gleichen Atemzug eine Gleichmacherei des ländlichen Raums an, ohne auf die Bedürfnisse der Menschen vor Ort Rücksicht zu nehmen. Das ist für mich unseriös und hat etwas von Populismus. Vor allem von einer Partei, die sich allzu häufig gegen unsere Landwirte und Winzer stellt und sich der Urbanisierung verschrieben hat.
Informationen über meine politische Arbeit bequem als Newsletter erhalten: